Verein zur Förderung der Straßenkinder von Maceió i.L.


Historie des Projekts


Projekte leben von Initiative und Engagement. 1986 tagte der "Ausschuss für Frieden, Mission und Entwicklung" der Katholischen Kirchengemeinde Halstenbek und ein junger Brasilianer aus Maceió, Mario Florentino da Silva, der nach Deutschland gekommen war mit der Überzeugung und Hoffnung, dass "dort doch Menschen leben müssen, die unser Projekt unterstützen", kam durch Vermittlung eines Bekannten in die abendliche Sitzung ... und so nahm alles seinen Anfang.


1986 Projekt in ökumenischer Zusammenarbeit

1989 Besuch des Erzbischofs von Maceió in Halstenbek

1994 Aktion "Wandern für den Andern"

1997 Besuch in Maceió: Vicente übergibt Leitung an Cristina

2000 Gründung des Fördervereins

2001 Straßenkinderband Erê in Halstenbek

2002 Juli-August: erneuter Besuch in Maceió

2004 Telma: neue Führung und Umzug

2005 Eine Mitarbeiterin des Weltfriedensdienst besucht das Projekt

2006 15-Jahres-Jubiläum von Erê - Kurzprojekte

2007 Schwierige Zeiten

2009 Atila neuer Koordinator

2010 Fly & Help - Stifter Reiner Meutsch besucht Erê

2011 Graça übernimmt die Führung

2013 Gebäudesanierung und -Erweiterung Canta Sabia

2014 Erê in voller Blüte

2015 Ein Rückfall

2016 Neues KMW-Projekt & fly and help Stiftung zu Besuch

2017 Umbruchsjahr – Besuch aus Halstenbek

2018 Stärkere Außenwirkung

2019 Erê trotzt den politischen Widrigkeiten

2020 Ausbruch der Pandemie – Onlineunterricht + materielle Familienhilfe





1986 Projekt in ökumenischer Zusammenarbeit


Seit 1986 unterstützt der Ausschuss in ökumenischer Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde die "Straßenkinder von Maceió", ein Projekt in dem Elendsviertel "Vila Brejal" am Rande der Landeshauptstadt Maceió im nordostbrasilianischen Bundesstaat Alagoas.
Die kleine Gruppe der Sozialarbeiter dort hatte sich zum Ziel gesetzt, Kinder und Jugendliche aus der Favela durch Alphabetisierung und Vermittlung handwerklicher Fertigkeiten vor dem Abrutschen in ein Leben als Straßenkinder zu bewahren und ihnen den normalen Schulbesuch wieder zu ermöglichen.
Sie gründeten zu diesem Zweck einen eingetragenen Verein, das "Förderzentrum der Kinder und Jugendlichen von Vila Brejal".



1989 Besuch des Erzbischofs von Maceió in Halstenbek


Anfänglich lief das Projekt noch unter kirchlicher Obhut - so erhielten wir im Jahre 1989 mit Erzbischof Dom Edvaldo Amaral hohen Besuch aus Maceió -, wegen einer grundsätzlichen Auseinandersetzung um die Konzeption der Straßenkinderarbeit (Evangelisierung vor Alphabetisierung?) machte sich der Verein jedoch schließlich selbstständig.



1994 Aktion "Wandern für den Andern"


Die weitere Entwicklung des Projektes wie auch die unserer Beziehung durchlief immer wieder Höhen und Tiefen. Ein Höhepunkt war unsere große Unterstützungsaktion 1994, als wir mit der Aktion "Wandern für den Andern" in Halstenbek mit einer großen Sonderspende die Arbeit in Vila Brejal fördern konnten.

1995 gingen dann nach ihrem Abitur zwei junge Mädchen aus unseren Kirchengemeinden für ein Soziales (halbes) Jahr in das Projekt, halfen mit in den Alphabetisierungskursen, in der Holzwerkstatt und brachten jungen Frauen das Nähen bei.




1997 Besuch in Maceió


In den Jahren 1996/97 hatten wir dann stürmische Zeiten, verbunden mit Umstrukturierungen und personellen Änderungen. Das alte Gebäude, in dem die Kinder unterrichtet wurden und das in einem Sumpfgebiet stand, musste abgerissen werden. Der weitgehend von uns mit Unterstützung der Walter-Breitenstein-Stiftung in Kiel finanzierte Neubau entstand, musste aber u.a. wegen der Personalprobleme im Projekt unterbrochen werden.


Zwei unserer Ausschussmitglieder, Gilberto Calcagnotto und Günther Wendl, flogen deshalb nach Maceió, um die Situation vor Ort zu erkunden und mit den verbliebenen Sozialarbeitern nach gemeinsamen Lösungen zu suchen - mit Erfolg.

Vicente Oliveira, ein Mitbegründer und langjähriger Leiter des Projektes, zog sich aus privaten Gründen aus der Sozialarbeit zurück, und der alte Verein von Vila Brejal übergab den fast vollendeten Neubau an den Verein "Alternativprojekt zur Förderung von Straßenjungen und Straßenmädchen", der seit 1991 in der Stadtmitte von Maceió eine ähnlich konzipierte Arbeit mit Straßenkindern durchführt. Im Unterschied zu Vila Brejal, wo präventiv gearbeitet wird, geht man in der Stadtmitte direkt auf Kinder zu, die bereits "in den Brunnen" gefallen" sind, d.h. Probleme mit Drogen, Krankheiten, Prostitution usw. haben.

Neue Leiterin für beide Projekte ("Erê Brejal" und "Centro Erê" -"Kind") wurde Maria Cristina Nascimento Silva, und es setzte ein Phase der Konsolidierung ein.



2000: Gründung des Fördervereins


Mit der Gründung des "Verein zur Förderung der Straßenkinder von Maceió e.V." im Dezember 2000 hat unsere Projektunterstützung eine neue organisatorische Struktur angenommen. Unser Ziel ist, das Straßenkinderprojekt in Maceió in der Zusammenarbeit mit einem größeren Partner, dem "Welthaus Bielefeld e.V.", nachhaltig fördern können. Diese Koopertion ermöglicht uns, die Förderung des Projekts mit Mitteln de Europäischen Union (EU) zu beantragen.
Wir haben Erfolg: die EU genehmigt eine Förderung für eineinhalb Jahre (01/2001-06/2002).
Damit kann Erê sein Bildungsanagebot für Straßen- und Slumkinder und -jugendliche sowie deren Familien erweitern und verbessern - durch ein größeres Erzieherteam, ein Fahrzeug für Schnelleinsätze und Familienbetreuung, die Sanierung der maroden "Kulturhalle usw.




2001: Straßenkinderband Erê in Halstenbek


Mit dem Besuch der Straßenkinderband Erê aus Maceió im Juni 2001 in Halstenbek konnten die persönlichen Beziehungen zwischen den Kindern, den Projektmitarbeitern und den Mitgliedern unseres Ausschusses intensiviert werden: der Auftritt der Band in der Arche Noah vor 200 Besuchern war ein bewegendes Ereignis.


Der Besuch war Teil einer vom Betriebsrat von VW finanzierten Deutschlandtournee "Uma Hora".



2002 Juli-August: erneuter Besuch in Maceió


Die seit dem Besuch der Straßenkinderband intensivierten Kontakte veranlassten im Jahr 2002 mehrere Mitglieder unseres Fördervereins, im Rahmen einer privaten Brasilienreise auch nach Maceió zu fliegen, unser Projekt mehrere Wochen lang zu besuchen und mit der Leiterin zu zwei weiteren Projekten in den relativ nahe gelegenen Landeshauptstädten Recife und Natal - mit denen eine Zusammenarbeit angestrebt wird - Kontakt aufzunehmen.
Erê wird offiziell als Nicht-Regierings-Organisation (NGO)anerkannt.
Im Schlussbericht zum EU-Projekt 2001-2002 stellte das Welthaus als "erreichte Ergebnisse" fest: 120 Straßenkinder und -jugendliche betreut; 76 Kinder und Jugendliche in Voralphabetisierungs- und Alphabetisierungskursen unterrichtet; mehr als 250 Kinder und Jugendliche mit Schulspeisung und professioneller Beratung versorgt; 196 Jugendliche in pädagogischen Werkstätten betreut; 15 Kinder und Jugendliche in der Straßenkinderband Erê und in Capoeira-Unterricht aktiv beteiligt.



2004 Telma: neue Führung und Umzug


Mit dem Auslaufen der Finanzierung durch die Europäische Union Ende 2002 schrumpft die Mannschaft ab Anfang 2003 von über 17 MitarbeiterInnen nach und nach auf die Kerngruppe von 6 MitarbeiterInnen Mitte 2004 zusammen. Folgen: Immer weniger Aktivitäten bei den Straßenkindern, seltenere Auftritte der Straßenkinder-Band Erê bis zu deren vollständigem Stillstand.
Unser Halstenbeker Verein übergibt die verwaltungstechnische Abwicklung des Förderung (u.a. Rechnungsprüfung) in die Hände von Profis übergeben: den Weltfriedensdienst e.V. mit Sitz in Berlin.
Seit 2004 ist nun die Leitung in Händen von Telma Helena Nascimento, Gründungsmitglied und Schwester der bisherigen Leiterin.
Im Rahmen einer Ausweitung der Bannmeile um den Regierungssitz muss der Vereinssitzverlegt werden. Ende 2004/Anfang 2005 findet der Umzug in ein "neues" Gebäude der Stadtmitte statt, das mit einer vom Bundesland gezahlten Entschädigungssumme gekauft und renoviert werden konnte.
Trotz aller Umzugs- und Umbruchsumstände konnten 2004 75 Straßenkinder im Centro Erê betreut und 16 davon in die Familien reintegriert werden; außerdem wurden 85 Vorschulkinder in Erê Vila Brejal unterrichtet und deren Familien geholfen.



2005 Eine Mitarbeiterin des Weltfriedensdienst besucht das Projekt


Eine Mitarbeiterin des Weltfriedensdienst e.V. Berlin (Carola Gast) besucht das Projekt. Bei der Ankunft am Busbahnhof wird sie von 5 Mädchen aus Vila Brejal, die ein Begrüßungslied singen, und vom Erê-Team empfangen. Das Vorschulzentrum Erê - Canta Sabiá in der Favela Vila Brejal ist farbenfroh bemalt und sieht einladend, fröhlich aus. Die 4 Erzieherinnen kümmern sich hier täglich um etwa 85 Kinder zwischen 5-7 Jahren, die aus sozial besonders benachteiligten Familien stammen. Würden sie hier nicht betreut, wären sie die Straßenkinder von morgen. Dem entgegenzuwirken lernen sie hier lesen und schreiben, erhalten pädagogische Betreuung und werden mit ausgewogenen Mahlzeiten versorgt; oft die einzige am Tag!

Etwa 100 Meter weiter befindet sich der „Espaco Arteiro Erê“, die Kulturhalle, , eine wellblechüberdachte Halle, ideal für die 2x wöchentlich stattfindende Musik- und Tanzarbeit, die das Centro Erê den etwa 50 Straßenkindern Maceiós anbietet, die sie betreuen. Hier können die Jugendlichen Selbstbewusstsein aufbauen, sie erleben Freude, lernen Kontinuität und Verlässlichkeit in der Gruppe und sie üben Selbstdisziplin, denn während der Arbeit mit Erê ist ihnen der Drogenkonsum untersagt. Den Verzicht auf die Schnüffelstoffe müssen sie aus eigener Kraft bewältigen. Jede erfolgreiche Teilnahme an den Tanz- und Musikstunden – und an den wöchentlichen Fußballtrainings auf einem Sportplatz - ist für sie daher auch ein Schritt weiter im Kampf gegen ihre Drogenabhängigkeit.

Das Centro Erê, Sitz des Projektes, ist die Anlaufstation für die Straßenkinder. Hier erhalten sie (und ihre Familien) persönliche psychologische Beratung, soziale Betreuung und nehmen regelmäßig an Kursen zu Themen wie Gesundheit & Hygiene, Aidsprävention, Gewalt in der Familie, Bürgerrechte und –pflichten etc. aber auch Malerei und gelenkter Dialog teil.




2006 15-Jahres-Jubiläum von Erê - Kurzprojekte



Jubiläumsveranstaltung am 3.6.2006 in Anwesenheit von Vertretern der Stadtregierung, der Kirche und der Zivilgesellschaft war die Verleihung von Abschlusszeugnissen an neun Mütter, 15 Jugendliche und 25 Kinder, die an einem Kurs "Erê sem Fronteiras" (Erê ohne Grenzen) acht Monate lang erfolgreich teilgenommen hatten. Der Kurs wurde er von einem Sonderprogramm der brasilianischen Telefongesellschaft Telemar finanziert.
Im Juni begann ein neues Projekt "Erê lê" (Erê liest), um den Kindern und Jugendlichen die Lust am Lesen zu wecken und zu verstärken. Und durch Finanzierung eines weiteren Sponsors - einer Filiale des TextilBekleidungs C & A - wurde in der Vorschule Canta Sabiá eine Minibibliothek eingerichtet, zu der neben 4.000 Büchern u.a. auch ein Computer mit Internet-Anschluss und eine Klima-Anlage gehören.



2007 Schwierige Zeiten



Überschwemmung der Kulturhalle ...

Nach der Ermordung eines Nachtwächters Anfang Mai 2006 und daraufhin erfolgter Ausraubung der Vorschule "Canta Sabiá" wird im Februar und Oktober 2007 das Tagungshaus Barra Nova ausgeraubt. Dieses Haus sollte für ein Mädchenheim als Unterkunft und Ausbildungszentrum genutzt werden.
Von Januar bis Oktober 2007 Verleumdungskampagne gegen die Projektleiterin Telma do Nascimento.
Am 26.5.2007 wird Projektmitarbeiter Átila Vieira von drei z.T. bewaffneten Unbekannten auf offener Straße krankenhausreif geschlagen. Tage zuvor hatte er in einem Fernsehinterview den sexuellen Kindesmissbrauch und die fehlende Strafverfolgung der Täter angeprangert.


2009 Atila: neuer Koordinator



Bei einer ordentlichen Mitgliederversammlung wird Átila Vieira am 12.1.2009 als Generalkoordinator zum Nachfolger der gesundheitlich angeschlagenen Telma Helena Nascimento gewählt.
Angesichts der inzwischen um bis zu 70% zurückgegangenen Anzahl von Straßenkindern in Maceió - eine Folge stärkerer Überwachung durch eher "kosmetisch" motivierten Sozialdienste der Kommune - tritt die präventive Arbeit in der Vorschule Canta Sabiá in den Vordergrund. Zur Konkretisierung der Schwerpunktverlagerung plant der neue Koordinator den Verkauf des Vereinssitzes "Centro Erê" in der Stadtmitte sowie die zumindest teilweise Verwendung des Verkaufserlöses für den Ausbau der Vorschule Canta Sabiá, wo ein neuer Unterrichtsraum und durch Aufstockung auch Räume für die Projektverwaltung entstehen sollen.
Überschwemmungen treffen Vorschule und Kulturhalle (diese zum ersten Mal nach mehreren Jahren) aufs Schwerste; die "Minibibliothek" mit über 4.500 Büchern und Broschüren ist fast vollständig verloren, Spontanspenden helfen den Bestand teilweise wiederherzustellen. Über mehrere Monate ist die Straße vor den Gebäuden nicht befahrbar.



2010 Fly & Help - Stifter Reiner Meutsch besucht Erê


Auf einem Weltrundflug im eigenen Propellerflugzeug wählt Reiner Meutsch ein Erziehungsprojekt je Kontinent aus - das im amerikanischen Kontinent ausgesuchte Projekt war das Projekt Erê in Maceió. Vom 19.-22.8.2010 besuchte Reiner Meutsch unser Projekt in Maceió und berichtet in einem BLOG über seinen Besuch in Canta Sabiá und seine Erlebnisse in Maceió mit Schüssen in der Nacht
Dieser Besuch hat die Erê-Aktivitäten des Jahres 2010 maßgeblich und nachhaltig geprägt, gab er dem Verein doch die Bestätigung, dass die Relevanz seiner Arbeit auch von großen Stiftern gesehen und gefördert werden kann: Reiner Meutsch stellte eine tatkräftige finanzielle Hilfe für den Um- und Ausbau der Vorschule Canta Sabiá in Aussicht. Die Suche nach einem geeigneten Bauleiter und Bauunternehmer aber gestaltete sich unerwartet schwierig.
. Aufgrund der mit dieser Umbruchsituation verbundenen enormen (An-)Spannungen will Átila nach Auslauf seiner Amtszeit im Dezember nicht erneut kandidieren.



2011 Graça übernimmt die Führung


Maria das Graças Souza dos Santos (kurz: Graça) wird in einer vorgezogenen Mitgliederversammlung zur neuen Projektleiterin von Erê gewählt.
Die Pläne zur Renovierung und Erweiterung von Cata Sabiá sind mehrere Monate lang durch starke Regenfälle, Überschwemmungen und erzwungenen Umzug der Vorschule in die Kulturhalle gründlich durchkreuzt worden. Immerhin können mehrere Bauunternehmer zur Vorlage von Plänen und Kostenvoranschlägen gewonnen werden. Ungeeignete Entwürfe oder überzogene bzw. unrealistische Kostenvoranschläge konnten - auch mit Hilfe der "Fernberatung" unseres Halstenbeker Vereins als untauglich verworfen werden.
Trotz dieser Schwierigkeiten können die Aktivitäten in der Vorschule für ihre 40 eingeschriebenen Kinder ebenso fortgesetzt werden wie die Sozial- und Kulturarbeit für deren Familien und die "Gemeinschaft St.-Franziskus-Garten.



2013 Gebäudesanierung und -Erweiterung Canta Sabia


Unser Partner in Maceió, Erê, hatte für die Betreuung der Kinder in der Vorschulerziehung bisher das Gebäude Canta Sabia genutzt. Die Mängel an diesem Schulgebäude waren jedoch erheblich, das Dach stark beschädigt, so dass eine komplette Sanierung notwendig wurde.

Zusätzlich zu der Gebäudesanierung wurde eine Kapazitätserweiterung der Vorschule von 40 auf 120 Kinder geplant und durch Aufsetzen eines Stockwerks realisiert.


Nach einem Baubeginn am 6. Mai 2013 konnte das Projekt schon am 10. Oktober 2013 mit der Eröffnung abgeschlossen werden!
Die Baukosten beliefen sich auf rund 53 000 Euro. Zur Finanzierung hat die Reiner-Meutsch-Stiftung "fly & help" eine Spende in Höhe von 15.000 EUR in diesem Jahr überwiesen und weitere 15.000 EUR für 2014 zugesagt!



2014: Erê in voller Blüte


Die Blüte wird sichtbar: Der Personalstand für Vorschule, Kulturhalle und Frauengruppe verdoppelt sich von 5 auf 11 Mitarbeiter*innen, um insgesamt über 70 Vorschulkinder und bis zu 15 Jugendliche in Vorschule bzw. Kulturhalle zu erreichen sowie um 20 Frauen der mit Erê verbundenen Familien in ein berufs- und bewusstseinsbildendes Projekt „Nähen und Schneidern“ einzubinden. Außerdem wurden rd. 20 Jugendliche und Erwachsene viermal wöchentlich in Abendkursen alphabetisiert. Ermöglicht wurde diese explosionsartige Expansion a) durch das vom Kindermissionswerk/Die Sternsinger bereits im Okt. 2013 vorfinanzierte „Mütterprojekt“; dieses schloss 2014 mit der Aushändigung von Abschluss-Zertifikaten an 10 Teilnehmerinnen ab; b) durch Verkauf einer nicht mehr benötigten Immobilie, c) durch die jährlich einfließenden Spenden aus Deutschland (Halstenbek und menino aus Sinzig) und d) Zusammenarbeit mit der kommunalen Erziehungsbehörde.



2015: Ein Rückfall


Nach Abschluss des KMW-Projekts im Vorjahr schrumpfen die Finanzressourcen und damit die Anzahl der betreuten Vorschulkinder (von geplanten gut 70 auf faktisch 55) und des Personals (von 11 auf 4 bis 5) ganz erheblich – eine angesichts der durch den Ausbau der Vorschule 2013 geweckten Erwartungen bittere Enttäuschung für alle Beteiligten. Zwar setzen die Mütter mit Erê-Unterstützung ihre Schneidern- und Nähen-Aktivitäten als organisierte Gruppe selbstständig fort, auch werden neue Projektanträge erarbeitet und beim Kindermissionswerk/Sternsinger eingereicht. Dennoch hatte sich die Projektmannschaft Anfang des Jahres die o.g. Erhöhung der Matrikel auf 65-70 vor, indem das Mindesteintrittsalter auf 23/4--jährige herabgesetzt wurde. Die Öffnung zu neuen Initiativgruppen der Gesellschaft kann neue Perspektiven schaffen.



2016: Neues KMW-Projekt & fly and help Stiftung zu Besuch


Teils durch Mobilisierung von Restreserven, teils durch Einstellung zweier Fachkräfte und schnell angelernter Mütter als Erziehungshilfe gelang es dem Projektteam, den Personalstamm so zu erweitern, dass damit insg. bis zu 100 Kinder in jeweils Vor- und Nachmittagsschichten betreut werden sollten. Eine dauerhaftere Lösung bahnte sich aber erst im September 2016 mit der Bewilligung und Sofortfinanzierung eines neuen Projekts durch das Kindermissionswerk/Die Sternsinger an: Durch Musik, Theater und Tanz (capoeira) sollten Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren in den unterrichtsfreien Zeiten sinnvoll von der Straße abgehalten werden. Zu der personellen Expansion kamen bauliche Maßnahmen in der Vorschule und auch Sanierungsarbeiten in der für das KMW-Projekt vorgesehenen Kulturhalle hinzu. Zusammen mit unerwarteten Abwicklungsschwierigkeiten bei den Überweisungen aus Deutschland führte dies alles ab Mitte des Jahres zu finanziellen Schwierigkeiten und erneuter Reduktion von Personal und betreuten Kindern.



2017: Umbruchsjahr – Besuch aus Halstenbek


Das neue KMW-Projekt nimmt Anlauf, und so nutzt die Projektleitung die daraus resultierenden spillover-Effekte, um neues, junges Personal in Zusammenarbeit mit der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Bundesuniversität von Maceió UFAL einzustellen. Damit wächst der Personalstamm auf insg. 11 Mitarbeiter*innenn, darunter eine höhersemestrige Theaterstudentin, ein Pädagoge, eine Erzieherin und ein Capoeira-Lehrer. Zwei Vorstandsmitglieder waren im Februar/März zu Besuch bei Erê und konnten so eine gewisse Aufbruchsstimmung (s. Foto) erleben. Neuwahlen standen satzungsgemäß am Ende der Amtszeit von Maria das Graças, es war ihre dritte, im Juni an. Gewählt wurden eine dreiköpfige Leitungsmannschaft unter Marcos Vinicius da Gama und ein Finanzrat. Neue Schwerpunkte sind u.a. Systematisierung der Sozialarbeit, verstärkte Zusammenarbeit mit Gruppen der Sozialbewegung, Suche nach neuen finanziellen Partnern vor Ort, stärkere Beteiligung an der Formulierung öffentlicher Politiken. Als erstes Ergebnis des neuen Elans gelang es der neuen Leitung, nach Erfüllung etlicher bürokratischer Hindernisse die seit 2016 zugesagte Auszahlung einer finanziellen Zuwendung der kommunalen Sozialbehörde rechtzeitig zum Jahresende „loszueisen“.



2018: Stärkere Außenwirkung


Der Normalbetrieb mit Kindern und Jugendlichen geht weiter, aber der Aktionsradius wird größer: Gemeinsame Besprechungen der Projektmannschaft mit den Müttern und Kindern zu Themen wie Prävention von Kindesmissbrauch finden in Zusammenarbeit mit der kommunalen Sozialbehörde statt; die Kulturhalle wird nicht nur für das KMW-Projekt genutzt, sondern steht auch ähnlich arbeitenden Gruppen der Zivilgesellschaft offen, und die Zusammenarbeit wird formalisiert; die Frauengruppe, die 2015/16 mit KMW-Unterstützung entstand, macht ihre Arbeit weiter und bietet ihre Produkte wie Kleidungsstücke, Bastelartikel usw. im Handwerkermarkt an; schließliche beteiligt sich Erê z. B. an der Gründung einer „afrobrasilianischen Liga“ und auch an Demonstrationen gegen antidemokratische Tendenzen.



2019: Erê trotzt den politischen Widrigkeiten


Seit dem 1. Januar spürt die brasilianische Sozialbewegung starken Gegenwind. Bolsonaro regiert als gewählter Präsident und sagt von Anfang an den „ONGs“ (Nichtregierungsorganisationen) den Kampf an. Der Widerstand an der Basis regt sich. Und Erê beteiligt sich daran (s. Foto), ohne jedoch die laufende Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien zu vernachlässigen.



2020: Ausbruch der Pandemie – Onlineunterricht + materielle Familienhilfe


Nach schrittweisem Wiederbeginn der Aktivitäten im Januar/Februar in Vorschule und Kulturhalle mit rund 60 Vorschulkindern und 15 Jugendlichen – abrupter Stopp am 18. März: Corona19 hält Einzug in das Slumviertel. Die siebenköpfige Erê-Mannschaft gestaltet das Programm um: an erster Stelle solidarische Hilfe an die Kinder und ihre Familien zu Hause mit Verteilung von Nahrungsmittelkörben, Hygiene-Kits, Lernmaterialien usw. Und so bleibt es praktisch das ganze Jahr mit relativ kurzen präsenziellen Intervallen. Die Gebäude der Vorschule und Kulturhalle werden mit tatkräftiger Hilfe von Ingenieurstudent*innen renoviert.




Zuletzt aktualisiert: 04.05.2021