Historie des Projekts
Projekte leben von Initiative und Engagement. 1986 tagte der "Ausschuss für Frieden, Mission und Entwicklung" der Katholischen Kirchengemeinde Halstenbek und ein junger Brasilianer aus Maceió, Mario Florentino da Silva, der nach Deutschland gekommen war mit der Überzeugung und Hoffnung, dass "dort doch Menschen leben müssen, die unser Projekt unterstützen", kam durch Vermittlung eines Bekannten in die abendliche Sitzung ... und so nahm alles seinen Anfang.
1986 Projekt in ökumenischer Zusammenarbeit
1989 Besuch des Erzbischofs von Maceió in Halstenbek
1994 Aktion "Wandern für den Andern"
1997 Besuch in Maceió: Vicente übergibt Leitung an Cristina
2000 Gründung des Fördervereins
2001 Straßenkinderband Erê in Halstenbek
2002 Juli-August: erneuter Besuch in Maceió
2004 Telma: neue Führung und Umzug
2005 Eine Mitarbeiterin des Weltfriedensdienst besucht das Projekt
2006 15-Jahres-Jubiläum von Erê - Kurzprojekte
2010 Fly & Help - Stifter Reiner Meutsch besucht Erê
2011 Graça übernimmt die Führung
2013 Gebäudesanierung und -Erweiterung Canta Sabia
2016 Neues KMW-Projekt & fly and help Stiftung zu Besuch
2017 Umbruchsjahr – Besuch aus Halstenbek
2019 Erê trotzt den politischen Widrigkeiten
2020 Ausbruch der Pandemie – Onlineunterricht + materielle Familienhilfe
Seit 1986 unterstützt der Ausschuss in ökumenischer Zusammenarbeit mit der
evangelischen Kirchengemeinde die "Straßenkinder von Maceió", ein Projekt in
dem Elendsviertel "Vila Brejal" am Rande der Landeshauptstadt Maceió im
nordostbrasilianischen Bundesstaat Alagoas.
Die kleine Gruppe der Sozialarbeiter dort hatte sich zum Ziel gesetzt,
Kinder und Jugendliche aus der Favela durch Alphabetisierung und Vermittlung
handwerklicher Fertigkeiten vor dem Abrutschen in ein Leben als Straßenkinder
zu bewahren und ihnen den normalen Schulbesuch wieder zu ermöglichen.
Sie gründeten zu diesem Zweck einen eingetragenen Verein,
das "Förderzentrum der Kinder und Jugendlichen von Vila Brejal".
Anfänglich lief das Projekt noch unter kirchlicher Obhut - so erhielten wir im Jahre 1989 mit Erzbischof Dom Edvaldo Amaral hohen Besuch aus Maceió -, wegen einer grundsätzlichen Auseinandersetzung um die Konzeption der Straßenkinderarbeit (Evangelisierung vor Alphabetisierung?) machte sich der Verein jedoch schließlich selbstständig.
Die weitere Entwicklung des Projektes wie auch die unserer Beziehung durchlief immer wieder Höhen und Tiefen.
Ein Höhepunkt war unsere große Unterstützungsaktion 1994, als wir mit der Aktion "Wandern für den Andern" in Halstenbek
mit einer großen Sonderspende die Arbeit in Vila Brejal fördern konnten.
1995 gingen dann nach ihrem Abitur zwei junge Mädchen aus unseren Kirchengemeinden für ein Soziales (halbes) Jahr
in das Projekt, halfen mit in den Alphabetisierungskursen, in der Holzwerkstatt und brachten jungen Frauen das Nähen bei.
In den Jahren 1996/97 hatten wir dann stürmische Zeiten, verbunden mit Umstrukturierungen und personellen Änderungen. Das alte Gebäude, in dem die Kinder unterrichtet wurden und das in einem Sumpfgebiet stand, musste abgerissen werden. Der weitgehend von uns mit Unterstützung der Walter-Breitenstein-Stiftung in Kiel finanzierte Neubau entstand, musste aber u.a. wegen der Personalprobleme im Projekt unterbrochen werden.
Zwei unserer Ausschussmitglieder, Gilberto Calcagnotto und Günther Wendl, flogen deshalb nach Maceió, um die Situation vor Ort zu erkunden und mit den verbliebenen Sozialarbeitern nach gemeinsamen Lösungen zu suchen - mit Erfolg.
Vicente Oliveira, ein Mitbegründer und langjähriger Leiter des Projektes, zog sich aus privaten Gründen aus der Sozialarbeit
zurück, und der alte Verein von Vila Brejal übergab den fast vollendeten Neubau an den Verein
"Alternativprojekt zur Förderung von Straßenjungen und Straßenmädchen", der seit 1991 in der Stadtmitte von Maceió
eine ähnlich konzipierte Arbeit mit Straßenkindern durchführt. Im Unterschied zu Vila Brejal, wo präventiv gearbeitet
wird, geht man in der Stadtmitte direkt auf Kinder zu, die bereits "in den Brunnen" gefallen" sind, d.h. Probleme mit
Drogen, Krankheiten, Prostitution usw. haben.
Neue Leiterin für beide Projekte ("Erê Brejal" und "Centro Erê" -"Kind") wurde Maria Cristina Nascimento Silva, und es setzte ein Phase der Konsolidierung ein.
Mit der Gründung des
"Verein zur Förderung der Straßenkinder von Maceió e.V." im Dezember 2000
hat unsere Projektunterstützung eine neue organisatorische Struktur angenommen. Unser Ziel ist,
das Straßenkinderprojekt in Maceió in der Zusammenarbeit mit einem größeren Partner, dem "Welthaus Bielefeld e.V.", nachhaltig fördern können.
Diese Koopertion ermöglicht uns, die Förderung des Projekts mit Mitteln de Europäischen Union (EU) zu beantragen.
Wir haben Erfolg: die EU genehmigt eine Förderung für eineinhalb Jahre (01/2001-06/2002).
Damit kann Erê sein Bildungsanagebot für Straßen- und Slumkinder und -jugendliche sowie deren Familien erweitern und verbessern
- durch ein größeres Erzieherteam, ein Fahrzeug für Schnelleinsätze und Familienbetreuung, die Sanierung der maroden
"Kulturhalle usw.
Mit dem Besuch der Straßenkinderband Erê aus Maceió im Juni 2001 in Halstenbek konnten die persönlichen Beziehungen zwischen den Kindern, den Projektmitarbeitern und den Mitgliedern unseres Ausschusses intensiviert werden: der Auftritt der Band in der Arche Noah vor 200 Besuchern war ein bewegendes Ereignis.
Der Besuch war Teil einer vom Betriebsrat von VW finanzierten Deutschlandtournee "Uma Hora".
Die seit dem Besuch der Straßenkinderband intensivierten Kontakte veranlassten im Jahr 2002 mehrere Mitglieder unseres
Fördervereins, im Rahmen einer privaten Brasilienreise auch nach Maceió zu fliegen, unser Projekt mehrere Wochen lang zu
besuchen und mit der Leiterin zu zwei weiteren Projekten in den relativ nahe gelegenen Landeshauptstädten Recife und Natal -
mit denen eine Zusammenarbeit angestrebt wird - Kontakt aufzunehmen.
Erê wird offiziell als Nicht-Regierings-Organisation (NGO)anerkannt.
Im Schlussbericht zum EU-Projekt 2001-2002 stellte das Welthaus als "erreichte Ergebnisse" fest: 120 Straßenkinder und
-jugendliche betreut; 76 Kinder und Jugendliche in Voralphabetisierungs- und Alphabetisierungskursen unterrichtet; mehr als
250 Kinder und Jugendliche mit Schulspeisung und professioneller Beratung versorgt; 196 Jugendliche in
pädagogischen Werkstätten betreut; 15 Kinder und Jugendliche in der Straßenkinderband Erê und in Capoeira-Unterricht
aktiv beteiligt.
Mit dem Auslaufen der Finanzierung durch die Europäische Union Ende 2002 schrumpft die Mannschaft ab Anfang 2003 von über
17 MitarbeiterInnen nach und nach auf die Kerngruppe von 6 MitarbeiterInnen Mitte 2004 zusammen. Folgen: Immer weniger
Aktivitäten bei den Straßenkindern, seltenere Auftritte der Straßenkinder-Band Erê bis zu deren vollständigem Stillstand.
Unser Halstenbeker Verein übergibt die verwaltungstechnische Abwicklung des Förderung (u.a. Rechnungsprüfung)
in die Hände von Profis übergeben: den Weltfriedensdienst e.V. mit Sitz in
Berlin.
Seit 2004 ist nun die Leitung in Händen von Telma Helena Nascimento, Gründungsmitglied und Schwester der bisherigen
Leiterin.
Im Rahmen einer Ausweitung der Bannmeile um den Regierungssitz muss der Vereinssitzverlegt werden. Ende 2004/Anfang 2005
findet der Umzug in ein "neues" Gebäude der Stadtmitte statt, das mit einer vom Bundesland gezahlten Entschädigungssumme
gekauft und renoviert werden konnte.
Trotz aller Umzugs- und Umbruchsumstände konnten 2004 75 Straßenkinder im Centro Erê betreut und 16 davon in die Familien
reintegriert werden; außerdem wurden 85 Vorschulkinder in Erê Vila Brejal unterrichtet und deren Familien geholfen.
Eine Mitarbeiterin des Weltfriedensdienst e.V. Berlin (Carola Gast) besucht
das Projekt. Bei der Ankunft am Busbahnhof wird sie von 5 Mädchen aus Vila Brejal, die ein Begrüßungslied singen, und vom
Erê-Team empfangen. Das Vorschulzentrum Erê - Canta Sabiá in der Favela Vila Brejal ist farbenfroh bemalt und sieht einladend,
fröhlich aus. Die 4 Erzieherinnen kümmern sich hier täglich um etwa 85 Kinder zwischen 5-7 Jahren, die aus sozial besonders
benachteiligten Familien stammen. Würden sie hier nicht betreut, wären sie die Straßenkinder von morgen. Dem entgegenzuwirken
lernen sie hier lesen und schreiben, erhalten pädagogische Betreuung und werden mit ausgewogenen Mahlzeiten versorgt; oft die
einzige am Tag!
Etwa 100 Meter weiter befindet sich der „Espaco Arteiro Erê“, die Kulturhalle, , eine wellblechüberdachte Halle, ideal für
die 2x wöchentlich stattfindende Musik- und Tanzarbeit, die das Centro Erê den etwa 50 Straßenkindern Maceiós anbietet, die
sie betreuen. Hier können die Jugendlichen Selbstbewusstsein aufbauen, sie erleben Freude, lernen Kontinuität und
Verlässlichkeit in der Gruppe und sie üben Selbstdisziplin, denn während der Arbeit mit Erê ist ihnen der Drogenkonsum
untersagt. Den Verzicht auf die Schnüffelstoffe müssen sie aus eigener Kraft bewältigen. Jede erfolgreiche Teilnahme an
den Tanz- und Musikstunden – und an den wöchentlichen Fußballtrainings auf einem Sportplatz - ist für sie daher auch ein
Schritt weiter im Kampf gegen ihre Drogenabhängigkeit.
Das Centro Erê, Sitz des Projektes, ist die Anlaufstation für die Straßenkinder. Hier erhalten sie (und ihre Familien)
persönliche psychologische Beratung, soziale Betreuung und nehmen regelmäßig an Kursen zu Themen wie Gesundheit & Hygiene,
Aidsprävention, Gewalt in der Familie, Bürgerrechte und –pflichten etc. aber auch Malerei und gelenkter Dialog teil.
Jubiläumsveranstaltung am 3.6.2006 in Anwesenheit von Vertretern der Stadtregierung, der Kirche und der Zivilgesellschaft
war die Verleihung von Abschlusszeugnissen an neun Mütter, 15 Jugendliche und 25 Kinder, die an einem Kurs "Erê sem Fronteiras"
(Erê ohne Grenzen) acht Monate lang erfolgreich teilgenommen hatten. Der Kurs wurde er von einem Sonderprogramm der
brasilianischen Telefongesellschaft Telemar finanziert.
Im Juni begann ein neues Projekt "Erê lê" (Erê liest), um den Kindern und Jugendlichen die Lust am Lesen zu wecken und zu
verstärken. Und durch Finanzierung eines weiteren Sponsors - einer Filiale des TextilBekleidungs C & A - wurde in der
Vorschule Canta Sabiá eine Minibibliothek eingerichtet, zu der neben 4.000 Büchern u.a. auch ein Computer mit
Internet-Anschluss und eine Klima-Anlage gehören.
Überschwemmung der Kulturhalle ...
Nach der Ermordung eines Nachtwächters Anfang Mai 2006 und daraufhin erfolgter Ausraubung der Vorschule "Canta Sabiá"
wird im Februar und Oktober 2007 das Tagungshaus Barra Nova ausgeraubt. Dieses Haus sollte für ein Mädchenheim als Unterkunft
und Ausbildungszentrum genutzt werden.
Von Januar bis Oktober 2007 Verleumdungskampagne gegen die Projektleiterin Telma do Nascimento.
Am 26.5.2007 wird Projektmitarbeiter Átila Vieira von drei z.T. bewaffneten Unbekannten auf offener Straße krankenhausreif geschlagen.
Tage zuvor hatte er in einem Fernsehinterview den sexuellen Kindesmissbrauch und die fehlende Strafverfolgung der Täter angeprangert.
Bei einer ordentlichen Mitgliederversammlung wird Átila Vieira am 12.1.2009 als Generalkoordinator zum Nachfolger
der gesundheitlich angeschlagenen Telma Helena Nascimento gewählt.
Angesichts der inzwischen um bis zu 70% zurückgegangenen Anzahl von Straßenkindern in Maceió - eine Folge stärkerer Überwachung
durch eher "kosmetisch" motivierten Sozialdienste der Kommune - tritt die präventive Arbeit in der Vorschule Canta Sabiá
in den Vordergrund. Zur Konkretisierung der Schwerpunktverlagerung plant der neue Koordinator den Verkauf des Vereinssitzes
"Centro Erê" in der Stadtmitte sowie die zumindest teilweise Verwendung des Verkaufserlöses für den Ausbau der Vorschule
Canta Sabiá, wo ein neuer Unterrichtsraum und durch Aufstockung auch Räume für die Projektverwaltung entstehen sollen.
Überschwemmungen treffen Vorschule und Kulturhalle (diese zum ersten Mal nach mehreren Jahren) aufs Schwerste; die
"Minibibliothek" mit über 4.500 Büchern und Broschüren ist fast vollständig verloren, Spontanspenden helfen den Bestand
teilweise wiederherzustellen. Über mehrere Monate ist die Straße vor den Gebäuden nicht befahrbar.
Auf einem Weltrundflug im eigenen Propellerflugzeug wählt Reiner Meutsch ein Erziehungsprojekt je Kontinent aus - das
im amerikanischen Kontinent ausgesuchte Projekt war das Projekt Erê in Maceió. Vom 19.-22.8.2010 besuchte Reiner Meutsch
unser Projekt in Maceió und berichtet in einem BLOG über seinen
Besuch in Canta Sabiá und seine
Erlebnisse in Maceió mit Schüssen in der Nacht
Dieser Besuch hat die Erê-Aktivitäten des Jahres 2010 maßgeblich und nachhaltig geprägt, gab er dem Verein doch die Bestätigung,
dass die Relevanz seiner Arbeit auch von großen Stiftern gesehen und gefördert werden kann: Reiner Meutsch stellte eine
tatkräftige finanzielle Hilfe für den Um- und Ausbau der Vorschule Canta Sabiá in Aussicht. Die Suche nach einem geeigneten
Bauleiter und Bauunternehmer aber gestaltete sich unerwartet schwierig.
. Aufgrund der mit dieser Umbruchsituation verbundenen enormen (An-)Spannungen will Átila nach Auslauf seiner Amtszeit im
Dezember nicht erneut kandidieren.
Maria das Graças Souza dos Santos (kurz: Graça) wird in einer vorgezogenen Mitgliederversammlung zur neuen Projektleiterin
von Erê gewählt.
Die Pläne zur Renovierung und Erweiterung von Cata Sabiá sind mehrere Monate lang durch starke Regenfälle, Überschwemmungen
und erzwungenen Umzug der Vorschule in die Kulturhalle gründlich durchkreuzt worden. Immerhin können mehrere Bauunternehmer
zur Vorlage von Plänen und Kostenvoranschlägen gewonnen werden. Ungeeignete Entwürfe oder überzogene bzw. unrealistische
Kostenvoranschläge konnten - auch mit Hilfe der "Fernberatung" unseres Halstenbeker Vereins als untauglich verworfen werden.
Trotz dieser Schwierigkeiten können die Aktivitäten in der Vorschule für ihre 40 eingeschriebenen Kinder ebenso fortgesetzt
werden wie die Sozial- und Kulturarbeit für deren Familien und die "Gemeinschaft St.-Franziskus-Garten.
Unser Partner in Maceió, Erê, hatte für die Betreuung der Kinder in der Vorschulerziehung bisher das Gebäude Canta Sabia
genutzt. Die Mängel an diesem Schulgebäude waren jedoch erheblich, das Dach stark beschädigt, so dass eine komplette
Sanierung notwendig wurde.
Zusätzlich zu der Gebäudesanierung wurde eine Kapazitätserweiterung der Vorschule von 40 auf 120
Kinder geplant und durch Aufsetzen eines Stockwerks realisiert.
Nach einem Baubeginn am 6. Mai 2013 konnte das Projekt schon am 10. Oktober 2013 mit der Eröffnung abgeschlossen werden!
Die Baukosten beliefen sich auf rund 53 000 Euro. Zur Finanzierung hat die Reiner-Meutsch-Stiftung "fly & help" eine Spende in
Höhe von 15.000 EUR in diesem Jahr überwiesen und weitere 15.000 EUR für 2014 zugesagt!
Die Blüte wird sichtbar: Der Personalstand für Vorschule, Kulturhalle und Frauengruppe verdoppelt sich von 5 auf 11 Mitarbeiter*innen, um insgesamt über 70 Vorschulkinder und bis zu 15 Jugendliche in Vorschule bzw. Kulturhalle zu erreichen sowie um 20 Frauen der mit Erê verbundenen Familien in ein berufs- und bewusstseinsbildendes Projekt „Nähen und Schneidern“ einzubinden. Außerdem wurden rd. 20 Jugendliche und Erwachsene viermal wöchentlich in Abendkursen alphabetisiert. Ermöglicht wurde diese explosionsartige Expansion a) durch das vom Kindermissionswerk/Die Sternsinger bereits im Okt. 2013 vorfinanzierte „Mütterprojekt“; dieses schloss 2014 mit der Aushändigung von Abschluss-Zertifikaten an 10 Teilnehmerinnen ab; b) durch Verkauf einer nicht mehr benötigten Immobilie, c) durch die jährlich einfließenden Spenden aus Deutschland (Halstenbek und menino aus Sinzig) und d) Zusammenarbeit mit der kommunalen Erziehungsbehörde.
Nach Abschluss des KMW-Projekts im Vorjahr schrumpfen die Finanzressourcen und damit die Anzahl der betreuten Vorschulkinder (von geplanten gut 70 auf faktisch 55) und des Personals (von 11 auf 4 bis 5) ganz erheblich – eine angesichts der durch den Ausbau der Vorschule 2013 geweckten Erwartungen bittere Enttäuschung für alle Beteiligten. Zwar setzen die Mütter mit Erê-Unterstützung ihre Schneidern- und Nähen-Aktivitäten als organisierte Gruppe selbstständig fort, auch werden neue Projektanträge erarbeitet und beim Kindermissionswerk/Sternsinger eingereicht. Dennoch hatte sich die Projektmannschaft Anfang des Jahres die o.g. Erhöhung der Matrikel auf 65-70 vor, indem das Mindesteintrittsalter auf 23/4--jährige herabgesetzt wurde. Die Öffnung zu neuen Initiativgruppen der Gesellschaft kann neue Perspektiven schaffen.
Teils durch Mobilisierung von Restreserven, teils durch Einstellung zweier Fachkräfte und schnell angelernter Mütter als Erziehungshilfe gelang es dem Projektteam, den Personalstamm so zu erweitern, dass damit insg. bis zu 100 Kinder in jeweils Vor- und Nachmittagsschichten betreut werden sollten. Eine dauerhaftere Lösung bahnte sich aber erst im September 2016 mit der Bewilligung und Sofortfinanzierung eines neuen Projekts durch das Kindermissionswerk/Die Sternsinger an: Durch Musik, Theater und Tanz (capoeira) sollten Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren in den unterrichtsfreien Zeiten sinnvoll von der Straße abgehalten werden. Zu der personellen Expansion kamen bauliche Maßnahmen in der Vorschule und auch Sanierungsarbeiten in der für das KMW-Projekt vorgesehenen Kulturhalle hinzu. Zusammen mit unerwarteten Abwicklungsschwierigkeiten bei den Überweisungen aus Deutschland führte dies alles ab Mitte des Jahres zu finanziellen Schwierigkeiten und erneuter Reduktion von Personal und betreuten Kindern.
Das neue KMW-Projekt nimmt Anlauf, und so nutzt die Projektleitung die daraus resultierenden spillover-Effekte, um neues, junges Personal in Zusammenarbeit mit der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Bundesuniversität von Maceió UFAL einzustellen. Damit wächst der Personalstamm auf insg. 11 Mitarbeiter*innenn, darunter eine höhersemestrige Theaterstudentin, ein Pädagoge, eine Erzieherin und ein Capoeira-Lehrer. Zwei Vorstandsmitglieder waren im Februar/März zu Besuch bei Erê und konnten so eine gewisse Aufbruchsstimmung (s. Foto) erleben. Neuwahlen standen satzungsgemäß am Ende der Amtszeit von Maria das Graças, es war ihre dritte, im Juni an. Gewählt wurden eine dreiköpfige Leitungsmannschaft unter Marcos Vinicius da Gama und ein Finanzrat. Neue Schwerpunkte sind u.a. Systematisierung der Sozialarbeit, verstärkte Zusammenarbeit mit Gruppen der Sozialbewegung, Suche nach neuen finanziellen Partnern vor Ort, stärkere Beteiligung an der Formulierung öffentlicher Politiken. Als erstes Ergebnis des neuen Elans gelang es der neuen Leitung, nach Erfüllung etlicher bürokratischer Hindernisse die seit 2016 zugesagte Auszahlung einer finanziellen Zuwendung der kommunalen Sozialbehörde rechtzeitig zum Jahresende „loszueisen“.
Der Normalbetrieb mit Kindern und Jugendlichen geht weiter, aber der Aktionsradius wird größer: Gemeinsame Besprechungen der Projektmannschaft mit den Müttern und Kindern zu Themen wie Prävention von Kindesmissbrauch finden in Zusammenarbeit mit der kommunalen Sozialbehörde statt; die Kulturhalle wird nicht nur für das KMW-Projekt genutzt, sondern steht auch ähnlich arbeitenden Gruppen der Zivilgesellschaft offen, und die Zusammenarbeit wird formalisiert; die Frauengruppe, die 2015/16 mit KMW-Unterstützung entstand, macht ihre Arbeit weiter und bietet ihre Produkte wie Kleidungsstücke, Bastelartikel usw. im Handwerkermarkt an; schließliche beteiligt sich Erê z. B. an der Gründung einer „afrobrasilianischen Liga“ und auch an Demonstrationen gegen antidemokratische Tendenzen.
Seit dem 1. Januar spürt die brasilianische Sozialbewegung starken Gegenwind. Bolsonaro regiert als gewählter Präsident und sagt von Anfang an den „ONGs“ (Nichtregierungsorganisationen) den Kampf an. Der Widerstand an der Basis regt sich. Und Erê beteiligt sich daran (s. Foto), ohne jedoch die laufende Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien zu vernachlässigen.
Nach schrittweisem Wiederbeginn der Aktivitäten im Januar/Februar in Vorschule und Kulturhalle mit rund 60 Vorschulkindern und 15 Jugendlichen – abrupter Stopp am 18. März: Corona19 hält Einzug in das Slumviertel. Die siebenköpfige Erê-Mannschaft gestaltet das Programm um: an erster Stelle solidarische Hilfe an die Kinder und ihre Familien zu Hause mit Verteilung von Nahrungsmittelkörben, Hygiene-Kits, Lernmaterialien usw. Und so bleibt es praktisch das ganze Jahr mit relativ kurzen präsenziellen Intervallen. Die Gebäude der Vorschule und Kulturhalle werden mit tatkräftiger Hilfe von Ingenieurstudent*innen renoviert.
Zuletzt aktualisiert: 04.05.2021